Liebe Freunde,
hab wieder Mut zum Träumen – ein Lied aus dem Grips-Theaterstück „Linie 1“ von 1986. Frisch online gestellt. Immer noch tief berührend und – leider – immer noch hochaktuell . „Grips“ hat sich das Ensemble damals genannt, ein Loblied auf den Spaß am Denken. Seit fast 60 Jahren freches, sozialkritisches und unkonventionelles Kinder- und Jugendtheater. Nicht nur für Kinder und Jugendliche…
…wie viele tolle Stücke habe ich dort schon gesehen? Früher mit meinen Kindern, jetzt mit meinen Enkeln.
Wie alle Kultureinrichtungen ist auch das Grips-Theater von dem Lockdown existentiell betroffen. Trotzdem machen sie weiter, stellen Stücke online zur Verfügung – wie so viele Künstler.
Ich mag ja Wölfe sehr und beschäftige mich schon lange mit ihrem Verhalten. Früher haben wir Menschen sie eingeteilt in Alpha-Wölfe und Omega-Wölfe – letztere von uns klassifiziert als das Letzte im Rudel. Tja, wir mal wieder mit unserer Hybris, jedem anderen Wesen auf diesem Planeten unsere eigenen Wertvorstellungen unterzujubeln (insofern sind wir alle notorische Verschwörer, theoretisch und praktisch).
Wir hätten die Wölfe mal lieber selber fragen sollen. Dann hätten wir erfahren, dass sie unsere Vorstellung von Hierarchie gar nicht kennen. Wie überhaupt die ganze Natur nicht. Es gibt einfach nur unterschiedliche Aufgaben und Rollen. Und Herr und Frau Omega erfüllen wichtige und zentrale Rollen im Sozialgefüge: Sie deeskalieren. Mal als Clown, mal als „versehentliches“ Dazwischen gehen, mal durch Spiel, mal einfach nur beschwichtigend. Sie sorgen für Harmonie, Spannungsabbau, den inneren Zusammenhalt, unentbehrlich fürs Überleben, so wie jeder Einzelne in seiner Rolle im Rudel.
Manchmal beschleicht mich da das Gefühl, die sind ein ganzes Stückchen schlauer wie wir und wir können uns da ganz schön was abgucken. So zum Beispiel was es heißt ein soziales Wesen zu sein und liebevollen und respektvollen Umgang miteinander zu pflegen.
Das kulturelle Element fehlt gerade sehr. Spiel und Spass und Genuss. Und noch viel mehr. Kunst und Kultur sind auch irgendwie unsere „Omega“-Wölfe, die kritisch-spielerische Auseinandersetzung mit den Themen des Lebens und den Themen der Zeit. Wir brauchen diesen deeskalierenden, Spannung abbauenden, provokanten, kritischen, spielerischen, kreativen, mutigen, weiten Blick auf das Geschehen. Wir brauchen die Träumer, die Geschichtenerzähler, die Musiker, Schauspieler, Schreiber, Ideengeber, Kunst Erschaffende…
Und ich bin tief berührt wie viele von ihnen trotz und in der Krise, in ihrer eigenen Katastrophe ihre Aufgabe für uns weiter erfüllen. Eine Aufgabe die für uns als soziale und viel zu oft unsoziale Wesen wichtig für unser Überleben ist, besonders wenn wir in einer Situation (fest-)stecken, in der kreative Lösungen gefragt sind. Uns den Spiegel vorsetzen. Sackgassen aufzeigen. unsere eingeschlafene inspirierende Seite aufwecken.
Seid ebenso für sie da, seid Publikum, seid begeistertes Publikum, seid kritisches Publikum, zeigt euch, wenn sie euch nicht von der Bühne sehen können. Setzt euch für sie ein und ermöglicht ihnen ein tolles ComeBack…
Grips-Ensemble: Linie 1 (Theaterstück in Fassung von 2009)
https://www.youtube.com/watch?v=Ozm7Xi_kcmQ
Hab wieder Mut zum Träumen (Song)
https://www.youtube.com/watch?v=WXYepEdyVHM
Du bist so schön, auch wenn Du weinst (Hey Du)
https://www.youtube.com/watch?v=pKEUzUfDZfo
Habt wieder Mut zum Träumen…
Karin