in Corona-Zeiten
Nikolaus und Christkind haben zur Teamsitzung eingeladen – Advent und Weihnachten müssen geplant und koordiniert werden.
Sie sind in Aufregung – es kommen immer mehr Meldungen von der Menschenwelt, daß die himmlischen Gabenbringer nur willkommen sind, wenn sie Masken tragen und die Geschenke desinfiziert sind.
Das schafft große Probleme.
Die Himmlischen wissen, dass weder das eine noch das andere wirklich schützt, ja sogar schadet. Da sie – im Gegensatz zu den PolitikerInnen der Menschenwelt – eine Verpflichtung haben für alle Wesen nur Gutes zu bringen, können sie diese Vorgaben nicht erfüllen. Sie können auch nicht so tun als ob, da sie sich – auch anders als die menschlichen VolksvertreterInnen – absoluter Wahrhaftigkeit verpflichtet haben.
Der Krampus sieht es mit Sarkasmus: Die Zeiten seien halt vorbei, wo alles, was vom Himmel kam, für die Menschen heilig – und damit auch heilend war. Er meint: demnächst werden sie in den Kirchen wohl Desinfektionsmittel statt Weihwasser in die Weihwasserbecken füllen…
Ratlosigkeit macht sich breit. Wie umgehen mit der Situation? Weihnachten einfach ausfallen lassen? Es handelt sich um ein gut eingeführtes Unternehmen, es gibt einen Ruf zu verlieren!
Eine zaghafte Stimme frägt: Und streiken? Das ist doch etwas, was die Menschen verstehen.
Andere finden den Vorschlag nicht uninteressant. Zwar wird normalerweise der Arbeitgeber bestreikt und nicht die Kundschaft. Aber warum nicht etwas nie Dagewesenes?
Auch den Himmlischen ist klar, dass eine Zeit großen Wandels bevorsteht.
Das Thema wird erstmal vertagt. Sie sind sowieso noch nicht vollzählig, sie warten noch auf den Weihnachtsmann, der sitzt grade in den USA fest.
Es hat mit der Präsidentenwahl zu tun. In einem der Verfahren wegen Wahlbetrug sagte der Richter zum Vertreter von Trump: „Sie glauben wahrscheinlich auch an den Weihnachtsmann.“ Nun ließ Trump diesen als Zeugen laden.
Die Situation ist kompliziert, es gab bisher in rechtlichen Fragen noch keine vertraglichen Vereinbarungen zwischen Himmel und Erde.
Der Krampus will die Wartezeit nutzen – er lebt ja im tiefen Wald und kommt nur einmal im Jahr im Himmel vorbei – da möchte er gern wissen, was im Himmel grad so läuft.
Das Christkind fängt an zu erzählen.
Die Stimmung sei ziemlich beschissen, das müsse man wirklich so sagen. Dieses Corona-Thema – der Alte sei völlig entsetzt, was gerade auf der Erde läuft.
Wie die Menschen das Immunsystem schlecht machen, das er geschaffen hat und auf das er besonders stolz ist. Behaupten es könne nicht mit so einem Corona-Virus umgehen. Das sei schon ziemlich unglaublich und trifft ihn persönlich.
Und dann die Impfung! Diese Hybris! Die Menschen hätten dieses hochkomplexe System des menschlichen Körpers erst ansatzweise verstanden und wollten schon ganz grundsätzlich darin rumpfuschen.
Besonders ärgert er sich, daß die christlichen Kirchen diesen Unsinn mittragen. Wenigstens die könnten doch Vertrauen in seine Schöpfung haben.
Wobei – eigentlich bräuchte er sich nicht wundern. Er sagt doch schon seit Kaiser Konstantin, daß es ein Fehler gewesen ist sich die Idee des Christentums nicht urheberrechtlich schützen zu lassen.
Dann wäre es nicht möglich gewesen, daß Kirche und Staat die Ideen für sich und ihre Machtinteressen und gegen das Wohl der Menschen nutzen und zweckentfremden…
Der Alte weiss ja aus Jahrtausenden, daß Regierungen in der Geschichte der Menschheit nur selten wirklich das Beste für ihre Menschen wollten; auch die Idee des „guten Tyrannen“ hat ihn noch nie überzeugt; aber häufig hätten sie wenigstens selbst an das geglaubt, was sie sagten.
Diese Unglaubwürdigkeit und Scheinheiligkeit, mit der da jetzt agiert wird, die regt ihn wahnsinnig auf – als ob es der Politik wirklich um das Wohl der Menschen gehe, wenn sie gleichzeitig Angst und Unfreiheit erzeugen und unzählige Existenzen vernichten!
Dass soviele Menschen das trotzdem glauben, betrübt Gott zutiefst. Haben die Menschen denn jegliches Vertrauen in ihre eigene Wahrnehmung verloren?
Besonders stinken ihm diese Superreichen, die sich neuerdings in seine Belange einmischen und Gott spielen, seine Schöpfung verbessern wollen, von Transhumanismus schwadronieren. Dabei sei doch das evolutionär angelegte Potential des Menschen noch lange nicht ausgeschöpft! Die Unterdrückungsmechanismen der großen Zivilisationen hätten das bisher einfach immer verhindert! Und jetzt würde dieses Potential womöglich ganz gekappt werden!
Bei diesem Thema schwelle die Zornesader des Alten immer besonders an, berichtet das Christkind. Schon die Idee der Menschen von der Transzendenz sei in seinen Augen ein grobes Missverständnis gewesen – wo er – Gott – doch genau in seiner Schöpfung am besten zu erfahren ist! Warum hätten die Menschen nur sowenig Achtung vor ihrer Körperlichkeit!
In letzter Zeit ist er wegen all dem immer wieder ziemlich grantig und zeigt autoritäre Züge – sagt, er hätte gute Lust im heiligen Zorn mal wieder dazwischen zu fahren und
ein Sodom und Gomorrah zu veranstalten.
Jesus konnte ihn bisher immer noch zurückhalten. Meinte, er habe das mit der menschlichen Inkarnation und der Verkündung „Gott ist Liebe“ nicht auf sich genommen, damit Gott jetzt wieder rückfällig wird und wieder mit dem Strafen anfängt.
Das sei einfach nicht mehr zeitgemäß!
Einen hat Gott besonders auf dem Kicker: den Amerikaner, der die ganzen Satelliten in den Orbit jagt. Der kommt ihm deutlich zu nahe mit seinen ganzen Blinkkugeln, die den wunderbaren Nachthimmel stören. An dem will er vielleicht doch ein Exempel statuieren.
Das Christkind muss unterbrechen, wird in einer der Weihnachtswerkstätten zur Kostümprobe gebraucht.
Kaum ist das Christkind draußen, äußert der Krampus Verwunderung über den forschen Ton des Christkinds – so hat er es ja noch nie erlebt.
Der Nikolaus nickt verständnisvoll. Ja, das kann er sich vorstellen! Sie hätten sich inzwischen schon etwas dran gewöhnt.
Das Christkind habe immer etwas gehadert mit seiner unklaren Geschlechtszugehörigkeit – als Christuskind müsste es ja eigentlich männlich sein, werde aber andererseits als eine Art weiblicher Engel verstanden und dargestellt.
Diese Genderdebatte in der Menschenwelt habe es sehr beflügelt; der Gedanke, dass es vielleicht nicht nur zwei Geschlechter geben müsse und auch was dazwischen möglich sei – das hat ihm richtig Auftrieb gegeben.
Jetzt hat es aber beschlossen, daß auch ein Christkind ein Recht auf Entwicklung hat, es hat die Nase voll seit Jahrhunderten immer Kind bleiben zu müssen. Und dann diese
Einseitigkeit, immer lieblich sein zu sollen. Zum Heiligen gehöre schließlich auch das Wilde ganz wesentlich dazu – finde neuerdings das Christkind.
Knecht Ruprecht schmunzelt wohlwollend. Manchmal muss man einfach nur warten können.
Das Christkind kommt zurück – die Kostümprobe war erfolgreich. Nun erzählt es weiter:
In letzter Zeit geht es öfter mal hoch her in der Himmlischen Familie. Die neueste Idee ist: Gott will abtreten. Der vorige Papst hat ihn drauf gebracht. Nicht dass Gott für das
Papsttum viel Sympathie hätte. Er sagt immer, selbst er würde sich nicht für unfehlbar halten – wie die Menschen auf die vermessene Idee gekommen seien einen der ihren für unfehlbar zu erklären, das habe er noch nie verstanden. Aber so ist es mit dem Nachwuchs in einer bestimmten Entwicklungsphase – er hat eine Neigung zur Selbstüberschätzung.
Naja, jedenfalls gefällt dem Alten die Idee in den Ruhestand zu gehen. Jesus soll übernehmen, er habe jetzt lange genug Zeit gehabt sich als Sohn und „Thronfolger“ drauf vorzubereiten.
Jesus wehrt sich mit Händen und Füßen – er hat angekündigt, wenn, dann will er das Gottsein nur mit einem Teilzeitmodell übernehmen, er verhandelt gerade mit Maria, er findet sowieso, dass das mit der Parität zwischen den Geschlechtern lange überfällig ist.
Man muss aber auch sagen: Gott wird alt. Er sagt es selber. Tausende von Jahren hat er mit größter Spannung die Entwicklung der Menschheit verfolgt, hat mitgefiebert, mitgelitten, sich an den Fortschritten gefreut und die Dramen mitempfunden, als himmlischen Krimi sozusagen. In letzter Zeit wird er müde. Diese endlose Gewalt, wider besseres Wissen, diese Zerstörung der wunderbaren Welt, die er geschaffen hat – es zehrt an ihm da zuzuschauen.
Jesus versucht ihn immer wieder aufzubauen. Das sei jetzt eine besonders kritische Phase! Ja, es sei entsetzlich, was gerade passiert und was manche Menschen, die sich für die Elite halten, sich jetzt in ihrer Verblendung ausdenken und durchsetzen wollen. Und dass bisher nur wenige erkennen, wie krank diese Menschen und ihre Vorstellungen in Wirklichkeit seien. Eigentlich bedauernswerte Geschöpfe.
Der Krampus fährt dazwischen: typisch Jesus, selbst mit solchen Kreaturen hat er Mitgefühl! Ihm würde für die schon was anderes einfallen!
Aber im Grunde hat er verstanden, daß er eher aus folkloristischen Gründen noch mit dabei ist. Das mit Rute und Sack hat sich pädagogisch einfach überlebt.
(Die ursprüngliche Bedeutung der Rute, die Weckung und Stärkung der Lebensenergie, die versteht heute leider niemand mehr. Selbst der Krampus scheint sie vergessen zu haben…)
Das Christkind beschwert sich, daß es unterbrochen worden ist – ausgerechnet an einer ganz zentralen Stelle! Denn Jesus würde auch sagen: Es ist Hoffnung! Es gäbe inzwischen eine sehr große Zahl von Menschen, die verstanden hätten, daß das, was im Außen passiert ein Spiegel ihres Inneren ist. Die daran arbeiten in ihrem Inneren Frieden und Freude zu erschaffen, damit diese sich auch in der Welt verwirklichen können.
Menschen, die anfangen ihrem Herzen zu folgen – dem evolutionären Schlüssel zu einer besseren Welt!
Wenn es sich gar nicht vermeiden lässt, daß er den Laden übernimmt, dann hat Jesus schon jetzt grundlegende Konzeptänderungen angekündigt:
Ihm geht es darum dieses ganze paternalistische Denken endlich zu überwinden und die Menschen auf eine gute und segenstiftende Weise in ihrer Eigenmacht und Schöpfungskraft zu bestärken.
Selbst Corona habe auch schon was Positives bewirkt, findet er: daß die Katholiken dieses Jahr ermächtigt wurden ihre Gräber selbst zu segnen, hält er für einen Schritt in die
richtige Richtung. Die Kirche sei nur noch der Zubringer gewesen und habe das Weihwasser zur Verfügung gestellt.
Das Christkind muss lachen. Es knirscht überall.
Neulich war wieder ein C 20-Gipfel. Die einflussreichsten Götter treffen sich ja regelmäßig um ihre Angelegenheiten zu besprechen.
Da geht es grade hoch her: Es geht um Entschädigungsforderungen; die vorchristlichen Göttinnen und Götter verlangen eine Anerkennung ihrer Verfolgung und Reparationszahlungen. Gott ziert sich; er sei nie damit einverstanden gewesen, das hätten nur seine Anhänger verbrochen. Das lassen die Göttinnen und Götter nicht gelten, dazu habe er sich nicht klar genug distanziert und entsprechende Zeichen dagegen gesetzt.
Am penetrantesten ist diese Holle oder Perchta. Sie will keine Entschädigung in der Himmelswährung, sie verlangt, daß wieder heilige Haine für sie gepflanzt werden, wie damals in Percha am Starnberger See. Sie sagt die Menschen bräuchten das um wieder zu verstehen, daß sie ein Teil der Natur sind. Noch ist sie nicht damit durchgekommen, aber sie hat immer mehr Unterstützung, vor allem bei den Göttinnen. Und natürlich stehen Pan und Dionysos auf ihrer Seite…
Besonders pikant ist das neueste Verfahren vor dem Interreligiösen Gerichtshof der Vereinten Galaxien. Eine Reihe von Göttinnen, Halbgöttinnen, Nixen und anderen Andersweltwesen haben Zeus verklagt wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung.
„#MeToo“ hat auch im Himmel einiges in Bewegung gebracht.
Jetzt muss erstmal geklärt werden, ob der Interreligiöse Gerichtshof die richtige Anlaufstelle ist, er ist nicht von allen Religionen anerkannt. Dann pocht Zeus natürlich auf Verjährung, das ist aber auch hochumstritten, ob es sowas wie Verjährung im Himmel überhaupt gibt, da Götter ja unsterblich sind.
Hier bricht leider die Übertragung ab. Die derzeitige außergewöhnliche planetare Jupiter-Saturn-Konstellation stört die Vermittlung.
Kurze Nachricht an die Menschen: Wie die Sitzung ausging war nicht zu erfahren. Wenn es in diesem Jahr weniger Weihnachtsgeschenke gibt, könnte es an einem tatsächlichen
Weihnachtsstreik der Himmlischen liegen.
Störgeräusche
Der Schluss kommt grade wieder durch:
Nachdem zwischendurch immer wieder viel kosmisches Gelächter zu hören war, am Ende großer Applaus mit Hosianna
Gott bedankt sich im Namen der eingeladenen Gäste für das gelungene Stück – es sei eine große Bereicherung der himmlischen Weihnachtsfeier gewesen.
Er sagt, das müssten die Menschen auch noch lernen: sich selbst und ihre Glaubensinhalte nicht so tierisch ernst zu nehmen und auch mal darüber lachen zu können.
Was glaubten sie eigentlich, wer den Humor erfunden hätte? Der sei eines der wesentlichen Prinzipien seiner Schöpfung! Und Lachen eines der wirkmächtigsten Heilmittel…
Nach Ende der Feier gehen alle TeilnehmerInnen wieder ein in die umfassende göttliche Liebe, von der auch wir ein Teil sind.
Mit Unterstützung kosmischer Inspiration: Gaby Kerscher im Dezember 2020